«Eine Universität wie ein kleines Stück Stadt»

Foto: Gina Folly
Interview mit Alexa Nürnberger, Projektleiterin Herzog & de Meuron
Publiziert am 14.07.2025
Mit dem FORUM UZH entsteht im Herzen Zürichs nicht nur ein neues Universitätsgebäude, sondern ein lebendiger Begegnungsort für Studierende, Forschende und die Stadtbevölkerung. Im Interview spricht Alexa Nürnberger, Projektleiterin bei Herzog & de Meuron, über die architektonische Vision, den sensiblen Umgang mit dem historischen Kontext und die Herausforderungen eines Grossprojekts von öffentlicher Relevanz. Das Ziel: eine offene Stadtuniversität, in der Innen- und Aussenräume fliessend ineinander übergehen und Wissen einen ebenso prägenden Platz bekommt wie der Austausch.
Frau Nürnberger, das FORUM UZH ist ein zentrales Projekt im Hochschulgebiet Zürich Zentrum. Welche städtebauliche und architektonische Vision verfolgt Herzog & de Meuron mit diesem Entwurf?
Das Quartier mit den Gebäuden der Hochschulen und dem Spital wird sich in den kommenden Jahren noch weiter verdichten. Es geht darum, an diesem Ort Raum zu schaffen für die Menschen – für Studierende genauso wie für die Bewohnerinnen des Quartiers. Es sollen lebendige Orte entstehen. Orte, an denen man sich gerne aufhält: mit Pflanzen, grossen Bäumen, einem Brunnen, mit Cafés und kleinen Läden – eine Universität wie ein kleines Stück Stadt – eine offene Stadtuniversität.
Wie wird das konkret eingelöst? Wie öffnet sich die Universität zur Stadt?
Das Gebäude liegt zurückversetzt von der Strasse auf einem Sockel mit einem grossen, dicht bepflanzten Platz, Terrassen und ganz unten einem Garten. Zum Garten öffnet sich eine grosse Halle, das eigentliche Forum.
Wie haben Sie die historische Bausubstanz entlang der Rämistrasse bei der Entwicklung des Entwurfs berücksichtigt?
Der Neubau lässt den bestehenden historischen Gebäuden viel Raum – der Platz verbindet sie miteinander. Die umliegenden Gebäude sind eher geschlossen und vielleicht etwas hermetisch. Während man das Kollegiengebäude durch eine grosse Holztüre vom steinernen Vorplatz aus betritt, erreicht man das Forum über einen Garten. Innen- und Aussenräume gehen fliessend ineinander über.
Das zentrale Forum erstreckt sich über mehrere Ebenen und verbindet Innen- und Aussenräume. Welche Funktionen erfüllt dieser Raum?
Im Forum können sich die Menschen im Alltag begegnen. Während sie auf die nächste Vorlesung warten oder auf ihrem Weg zur Mensa oder zur Bibliothek. Es gibt verschiedene Nischen zum Arbeiten – allein oder gemeinsam mit anderen. Gleichzeitig ist das Forum der grösste Veranstaltungsraum der Universität mit Platz für bis zu 1500 Personen.
Die Büros und die Bibliothek sind als schwebender Solitär über dem Sockel zusammengefasst. Welche architektonischen und funktionalen Überlegungen führten zu dieser Entscheidung?
Im oberen Teil des Gebäudes befinden sich die Fakultäten der Rechtswissenschaften, der Wirtschaftswissenschaften und der Neueren Philologien, aber auch Seminarräume für Studierende und ganz oben ein Café mit Blick über die Stadt. Es gibt einen Innenhof und ein kleines Atrium – das «Forum der Forschenden». Hier treffen Studierende und Mitarbeitende der Forschung in etwas ruhigerer Atmosphäre aufeinander. Die Bibliothek findet man auf den beiden unteren Geschossen. Hier kann man sich in den Lesesaal zurückziehen oder sich einen Platz um das Forum suchen, wenn man es gerne etwas lebendiger hat. Wie man lernt oder arbeitet kann man selbst wählen.
Inwiefern berücksichtigt das architektonische Konzept des FORUM UZH die im Weissbuch HGZZ formulierten Prinzipien – insbesondere mit Blick auf die Integration des Neubaus in den Stadtraum, die Öffnung gegenüber der Öffentlichkeit und die funktionale Vernetzung mit ETHZ und USZ?
Das Weissbuch des Hochschulgebiets spricht vom «Inneren Städtebau» und meint damit, dass vor allem grosse Projekte wie das FORUM UZH oder das Unispital sich über Plätze, Wege und öffentliche Nutzungen mit der Stadt verbinden sollen. Das ist es genau, was das FORUM UZH tut. Es entstehen Freiräume für die Menschen mit Pflanzen und grossen Bäumen, wie sie für das Gebiet typisch sind. Zusammen mit den Pflanzen auf dem Dach sorgen sie für ein besseres Klima im Quartier.
Als Generalplanerin arbeiten Sie eng mit der Universität Zürich als Bauherrin und dem Hochbauamt des Kantons Zürich als Bauherrenvertreterin zusammen. Wie erleben Sie diese Zusammenarbeit?
Über einen Zeitraum von mittlerweile fast sechs Jahren hat sich eine sehr gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit entwickelt. Das ist eine ideale Voraussetzung für die vielfältigen Aufgaben, Rollen und Blickwinkel, die es für ein so anspruchsvolles Projekt benötigt.
Welche Herausforderungen bringt ein Projekt dieser Grösse und Komplexität mit sich – und wie gehen Sie als Generalplanerteam damit um?
Eine der grossen Herausforderungen ist sicherlich, über den langen Zeitraum von Planung und Ausführung, einen kontinuierlichen Austausch zwischen allen Beteiligten zu schaffen. Dafür gibt es technische Hilfsmittel, wie 3D-Modelle und Datenplattformen, aber letztlich braucht es die Menschen, die sich für das Projekt gemeinsam engagieren.
Abschliessend: Was bedeutet das FORUM UZH für Sie persönlich?
An einem solchen öffentlichen Gebäude für die nächste Generation arbeiten zu können motiviert mich sehr. Vielleicht hat auch meine eigene Tochter einmal die Möglichkeit dort zu studieren. Zeitlich passen würde es. 2031 ist sie neunzehn.